12 faszinierende Aufgaben der Faszien

 

Faszien verlaufen durch unseren gesamten Körper. Sie umhüllen nicht nur unseren Körper, sie durchdringen ihn wie ein komplexes Netzwerk und verbinden innere Strukturen. Das lässt vermuten, dass Faszien diverse Aufgaben haben.

Auch wenn die Faszienforschung noch recht jung ist, existieren bisher spannende Erkenntnisse in Bezug auf die Aufgaben und Funktionen. Also lasst euch faszinieren.

DIE VERSCHIEDENEN AUFGABEN DER FASZIEN

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1.     STRUKTUR & ORDNUNG

Faszien halten unter anderem die Organe in der Position und unterteilen sie, ähnlich wie bei dem Beispiel mit der Orange, Pampelmuse und Co. Im Blogartikel Was sind eigentlich genau Faszien? ist das noch einmal schön ausführlich beschrieben. 

Ohne Faszien würden unsere Organe keine Ordnung und Stabilität haben. Denken wir nur einmal, wie es sein würde, wenn unsere Leber keine Faszien hätte. Das Gewebe würde gallertartig “weggleiten”. Faszien halten den Körper somit innerlich zusammen.

Auch Muskeln sind komplett von Faszien umhüllt. Dadurch grenzen sie sich von den “Nachbarmuskeln” ab. Sogar der ganze Muskelbauch, jedes Muskelbündel und selbst die einzelnen Muskelfasern haben jeweils eine Umhüllung.

2.     BEWEGUNG

Faszien sorgen dafür, dass die Strukturen, die sie umhüllen, aneinander gleiten können. Dadurch wird Bewegung überhaupt erst möglich. Zur Veranschaulichung sieh dir das Prinzip der Lasagne im Blogartikel Was sind verklebte Faszien? an.

Faszien sind mit dafür verantwortlich, dass bei Gelenkbewegungen die Knochen mit einem minimalen Energieaufwand gegeneinander verschieblich sind.

3.     FORM & HALTUNG

Faszien bestimmen die Form unseres Körpers. Sie definieren die Spannung in unserem Körper und sorgen für Stabilität und Spannkraft in jeder Position. Selbst im Kopfstand halten sie alle Strukturen zusammen.

Würde man nur die Faszien übrig lassen und alle anderen Strukturen in unserem Körper entfernen, wäre trotzdem die gesamte Anatomie des Menschen ersichtlich.

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4.     FLEXIBILITÄT

Faszien sind sehr flexibel. Denken wir nur einmal an die Schwangerschaft, wenn der Bauch immer größer wird und die Organe eine andere Position bekommen. Faszien können sich durch unterschiedliche Veränderungen und Belastungen im Körper anpassen.

Diese Flexibilität ist auch bei diversen Körperfunktionen kontinuierlich notwendig. So sorgen Faszien dafür, dass sich Organe beispielsweise bei jedem einzelnen Atemzug verschieben können, um die Atmung reibungslos zu gewährleisten.

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5.     VERBINDUNG & ZUSAMMENHALT

Die beweglichen Teile in unserem Körper sind faszial miteinander verbunden. Das macht erklärbar, warum nicht immer die Ursache an dem Ort des Schmerzes sein muss. So kann beispielsweise die Ursache von Nackenschmerzen auch im Bereich der Wade oder Fußsohle liegen. Und das ist nicht selten, das kann ich aus jahrelanger Tätigkeit als Physiotherpeutin berichten :-)

Faszien sorgen dafür, dass alle Strukturen, wie beispielsweise Organe oder Muskeln zusammengehalten werden.

In der Matrix der Faszien werden durch Transportwege für Blut- und Lymphgefäße sowie nozisensorische Nervenfasern durchzogen. Sie sind somit unmittelbar mit dem Gefäß- und Lymphgefäßsystem verbunden. Sie unterstützen den Rücktransport des Blutes und der Lymphflüssigkeit zum Herzen.

6.     STOSSDÄMPFER & SCHUTZ

Faszien sind unser Puffer. Sie dämpfen durch ihre Elastizität jeden einzelnen Schritt und federn auch unsere Sprünge ab. Die Gitterstruktur der Faszien sorgt aktiv dafür, dass das Gewebe bei mechanischer Beanspruchung zusammengehalten wird.

Stoßeinwirkungen werden von den Faszien gedämpft, um den gesamten Bewegungsapparat und die Organe zu schützen. Bänder bestehen ebenfalls aus faszialem Gewebe. Sie stabilisieren unsere Gelenke.

Alle anderen Strukturen werden in unserem Körper durch Faszien geschützt, was bei Stürzen oder Unfällen teilweise überlebensnotwendig ist. Auch das Nervensystem wird z.B. vor Kompression oder Schädigung durch Faszien geschützt.

7.     KRAFTÜBERTRAGUNG

Faszien produzieren durch Dehnspannung Kräfte und übertragen diese durch die Sehnen auf den Knochen. Muskeln verstärken diese Kraft. Dadurch kann eine Bewegung überhaupt erst entstehen und diese ist super ökonomisch. Wir benötigen nur wenig Muskelkraft für unser Gang.

8.     ENERGIESPEICHER

Je elastischer die Faszien sind, desto mehr Kraft wird erzeugt. Die Faszien speichern Energie.

9.     GLEICHGEWICHT

Faszien sind maßgeblich an der Steuerung unseres Gleichgewichts verantwortlich. Dies liegt an einer großen Anzahl an Rezeptoren und Nervenzellen in den Faszien.

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10.  SINNESORGAN

Durch die spannende Erkenntnis, dass diverse Rezeptoren und Nervenendigungen in den Faszien liegen, wurden die Faszien zu einem Sinnesorgan benannt. Genau genommen sogar zum größten in unserem menschlichen Körper überhaupt, da Faszien die meisten Rezeptoren und Nervenzellen besitzen, die unser Gehirn mit Sinnesempfindungen versorgen.

Die Haut muss als Sinnesorgan an zweite Stelle rücken, da sie unseren Körper ja “lediglich” umhüllt. 

Zu unseren fünf Sinnen (Mund = schmecken, Nase = riechen, Ohren = hören, Augen = sehen, Haut = tasten) haben wir nun noch die Faszien = Steuerung/Spüren in Bezug auf die Wahrnehmung und Bewegung.

Die Nervenendigungen in den Faszien sind ein Kommunikationsnetzwerk, das mit dem Nervensystem verbunden ist. Reize aus der Umgebung werden wahrgenommen, verarbeitet und letztendlich reagiert der Körper auf den Reiz. Ähnlich wie unser Telefonnetz.

Im Blogartikel Was sind Faszien genau? haben wir bereits über die Fibroblasten und dessen Funktion geschrieben. Die Enzyme und Botenstoffe, die die Fibroblasten ausscheiden, sorgen dafür, dass die Bindegewebszellen untereinander und mit anderen Zellen kommunizieren können.

11.  ABWEHRFUNKTION

Durch die eben beschriebene Ausschüttung der Botenstoffe und Enzyme, haben die Faszien auch einen Einfluss auf das Immunsystem. Sie transportieren zusammen mit dem Gefäß- und Lymphgefäßsystem, Abfallstoffe aus dem Körper.

Durch das eigene “Strukturnetz” der Faszien stellen Faszien eine Barriere gegenüber Krankheitserregern und Fremdkörpern dar. Zur Verstärkung der Abwehrfunktion sitzen in den Faszien bestimmte Fresszellen, die “fremde Eindringlinge“ sogar auflösen können.

12.  WASSER- & FETTSPEICHER

Wie in dem Blogartkel Wie viel Wasser brauchen unsere Faszien? beschrieben, können die Faszien sehr viel Wasser binden. Weil ca. 1/3 der Körperflüssigkeit in den Faszien gespeichert werden kann, sprechen wir auch von einem Wasserspeicher unseres Körpers.

Die oberflächlichen Faszien können auch Fett speichern und sind somit ein wunderbarer Energiespeicher.

Funktion ist abhängig von der Lage im Körper

Wie dick oder dünn eine Faszie ist und wie der prozentuale Anteil der tatsächlichen Bestandteile ist, hängt von der jeweiligen Funktion und Lage im Körper ab. Da ist der Körper sehr schlau und ökonomisch.

Dort, wo das kollagene Bindegewebe dominiert, haben wir eher festes Gewebe. Dieses Gewebe benötigen wir z.B. zur Kraftübertragung zwischen Muskeln und Knochen.

Das elastische Bindegewebe benötigt eine höhere Dehnfähigkeit, die wir z.B. in der Blase oder Unterhaut benötigen.


Faszien als “Aschenputtelgewebe” in der Medizin

Bis vor wenigen Jahren waren die Faszien nicht wirklich interessant für die Mediziner. So wurden die Faszien bei Operationen oder beim Sezieren von Leichen im Medizinstudium schnell entfernt. Faszien wurde als “Müll” definiert und schnell entsorgt, um an die “wichtigen” Strukturen zu gelangen.

Faszien wurden lange Jahre stiefmütterlich betrachtet, was sich heute verändert hat. Denn heute wissen wir, dass Faszien lebendiges Gewebe sind und diverse Aufgaben in unserem Körper ausüben.

Leider gibt es immer noch nicht so viele Abbildungen zum Fasziengewebe. In den meisten Anatomie-Büchern sehen wir unseren Körper als Skelett mit den ca. 210 Knochen oder mit unseren ca. 500 Muskeln dargestellt. Faszien werden vielleicht gerade Mal am Rande oder gar nicht dargestellt..


Faszien - Beweise, Beweise, Beweise!

Faszien sind nun darstellbar und damit werden Faszien-Behandlungen & Bewegungen beweisbar.

Durch hochaufgelöste Ultraschallgeräte lassen sich Faszien sichtbar darstellen. Verschiedene Parameter werden damit erklärbar und auswertbar. So kann man die Dicke, die Elastizität, die Festigkeit und die Verschiebbarkeit definieren.

Spannend sind Ultraschallaufnahmen vor und nach dem Sport oder vor und nach einer Rolfing-Behandlung. So kann man den Effekt direkt sichtbar sonographisch darstellen und belegen.

Mittlerweile gibt es diverse Wissenschaftler, Ärzte und Therapeuten, die Faszien (natürlich auch wegen der Belegbarkeit) „auf dem Schirm“ haben.

Gerade der Nachweis, dass Faszien diverse Rezeptoren und Nervenendigungen besitzen, lässt vermuten, dass Schmerzen durch “geschundene” Faszien hervorgerufen werden. Auch hierzu gibt es schon einige Studien.

Kranken- und Rentenkassen unterstützen die Faszienforschung

Durch die Messbareit wächst natürlich auch das Interesse seitens Kranken- und Rentenkassen, in die Faszienforschung zu investieren. Denn Rückenschmerzen sind ein großes Volksleiden. Allgemein haben viele Frührentner eine Schmerz-Diagnose.

Auch im Labor kann man mittlerweile die biochemischen Bestandteile messen.

Ganz schön faszinierend, diese Faszien ;) Interessant für jeden von uns - von Couchpotatoe über Normalo-Sportler bis zum Profi-Sportler.



Hast du Fragen zu den Aufgaben der Faszien? Lass es uns gerne in den Kommentaren wissen. 

Dich interessiert warum ich mich so für das Thema Faszien begeistere? Dann schau doch mal beim passenden Artike vorbei. In unserer FASZIEN-Kategorie auf unserem Blog findest du noch jede Menge weiterer Artikel zum Thema.